Mami muss ins Heim

Mami muss ins Heim, weil es zu Hause einfach nicht mehr geht

Einige haben ja sicherlich mitbekommen, dass meine Mami Anfang des Jahres in ein Pflegeheim umgezogen ist. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie lange ich da mit mir gehadert habe, ob es die richtige Entscheidung ist und ob ich sie nicht „abschiebe“ ?

Sie ist jetzt 90 Jahre alt geworden. Letztes Jahr ist sie im April zu Hause gestürzt und hat sich die Hüfte gebrochen. Danach kam eine Odysee von Kurzzeitpflege, Reha, nochmal Krankenhaus, Kurzzeitpflege und dann nach Monaten im Oktober wieder nach Hause.

Und ich war auf STAND-BY. Und zwar Tag und Nacht. Ging sie mal nach 5 x Läuten nicht ans Telefon, stieg mein Puls schon in Höhen, die nicht mehr gesund sind. Sie saß nur noch in ihrem Fernsehsessel rum und die Nachbarschaftshilfe hat das Essen gebracht etc. Und sie war der Meinung, dass sie alles noch total gut im Griff hat.

Hatte sie nicht!

Wenn ich dann vorbeigekommen bin, habe ich erst mal die ganzen Essenreste weggeräumt. Die Tabletten eingesammelt, die auf dem Boden lagen, überhaupt geschaut, ob sie Tabletten genommen hat. Den Kühlschrank ausgeräumt und die verschimmelten Sachen weggeworfen. Wäsche gewaschen, Mama betüttelt usw.

Nach einiger Zeit hat sie immer wieder vergessen die Tabletten zu nehmen. Führte dann natürlich zu Problemen und sie musste wieder ins Krankenhaus. Ich hab mich in der ganzen Zeit schon mal vorsichtshalber nach Pflegeheimen ungeschaut. Also a.) muss man ja echt viel Rente bekommen heutzutage, um sich das leisten zu können und b.) finde erstmal ein Heim ! Das Ambiente und die Ausstattungen variieren schon sehr. Auch wollte Mama keinesfalls in ein Doppelzimmer, was ich durchaus verstehen kann.

Das schlechte Gewissen liess mich nachts nicht schlafen

Kennt Ihr das, wenn man eigentlich weiss, dass die Entscheidung die Richtige ist – aber dennoch damit hadert? Ich empfand es manchmal als „Abschieben“ und die Verantwortung abgeben. Andererseits wusste ich, dass es so nicht mehr weitergehen konnte. Habe auch sehr lang mit meiner Mami darüber gesprochen und das Pro und Contra analysiert. Irgendwann meinte sie dann „na, wenn Du ein schönes Einzelzimmer findest, dann könnte ich mir das schon überlegen“… und wie es das Universum manchmal so will, ein paar Tage später hatte ich die Möglichkeit, ein wunderbares Einzelzimmer in einer privatgeführten Einrichtung für sie zu bekommen.

 

Mami blüht auf

Und was soll ich sagen ? Nach ein paar Tagen der Eingewöhnung hat sie jetzt viele nette Bekannte gefunden, ist regelrecht aufgeblüht. Erzählt mir von Frau Sowieso, die das und jenes gemacht hat, geht zum Bingo, zur Gymnastik, trinkt mit den anderen Damen abends ihren Hugo oder Eierlikör und ist rundrum zufrieden. Das Heim ist ein Traum, die Belegschaft total nett und ihr Zimmer sehr gemütlich geworden.

Was ich damit sagen will?

Nein, Ihr schiebt Eure Eltern nicht ab – Ihr gebt Ihnen die Möglichkeit die letzten Jahre (?) nochmal einen neuen Lebensabschnitt zu beschreiten. Ihnen geht es besser und Euch auch. Ich kann wieder ruhig schlafen, liege nicht mit einem Ohr auf dem Handy und muss mir nicht ständig Gedanken machen. Sie haben wieder soziale Kontakte, erleben etwas, haben Ansprache. Jetzt nach einem Vierteljahr kann ich nur sagen: Die beste Entscheidung, die wir getroffen haben.

Schaut Euch rechtzeitig nach einer Einrichtung um, lasst Euch die Zimmer zeigen, haltet Euch einige Zeit (auf einen Kaffee) in den Heimen auf, spürt, was dort für ein „Spirit“ ist. Und lieber meldet Ihr Eure Verwandten in mehreren Heimen an und sagt dann ab, bevor Ihr im Falle des Falles da steht und keinen Platz findet.

Und – ganz wichtig – lasst Euch rechtzeitig eine Patientenverfügung ausfüllen und unterschreiben. Und vor allem auch eine vollumfängliche Vollmacht, damit Ihr überhaupt handlungsfähig seid. Da gibt es diverse Vorlagen im Internet zum Download.

Wie habt Ihr Euch damit gefühlt ? Habt Ihr das auch schon hinter Euch ?

 

Alpini

eine gebürtige Münchnerin, die Lifestyle und Trachten liebt.

7 Comments

  1. Toller Beitrag danke dafür. Ich hoffe zwar, dass der Tag bei mir noch fern ist, aber der grundsätzliche Gedanke bleibt, vor allem, wenn die ältere Generation sich weigert irgendetwas vorzubereiten. Keine Patientenverfügung, kein Testament, keine Pflegewünsche, kein…..

    • Danke Dir Franzi. Zum Glück hatten wir eine Patientenverfügung und – was noch viel wichtiger ist – eine Vollmacht für alles. Sonst kannst Du nämlich nicht mal einen Heimvertrag unterschreiben, Wohnung kündigen, Bankgeschäfte tätigen etc.

      • Absolut richtiger Punkt! Ich habe das alles auf Halde fertig seit ich 30 bin – ein Freund hatte einen Motorradunfall mit anschließender langer Reha und Hirnschädigung, die Familie wurde ihres Lebens kaum noch froh angesichts von Kosten, Bürokratie und Co. Das war mir ein Weckruf.

    • das ist leider gar nicht selten. Ich habe eine Kundin, heute 92, an die rede ich seit Jahren hin, eine Patientenverfügung zu machen und jedesmal erklärt sie mir, „sie sei noch nicht so weit“ ….. aber ich hatte diese Patientenverfügung schon mit 50 für mich und die Familie gemacht.

  2. Hallo Sabine!
    Ein wunderschöner Beitrag ich Danke dir für deine Erfahrungen.
    Ich war sehr berührt, schön das deine Mama sich so wohl fühlt. LG

  3. Du hast alles richtig gemacht, liebe Sabine und es ist gut, dass Du darüber so schön schreibst und einen positiven Gegenpol zu den Pauschalierungen setzt, die viele Menschen heute verunsichern. Ich habe das alles genau so erlebt in meiner Familie und habe mich nie beirren lassen, auch wenn damals einige giftig über mich hergefallen sind. Ja, die alten Menschen blühen in der Gruppenenergie geradezu auf und wenn dann noch liebevolle bemühte Pfleger und ein attraktives Ambiente um sie sind, dann ist es die optimale Lösung. Deshalb betrachte das „Hadern“ als eine rein psychische Reaktion auf jene oben erwähnten Vorurteilen, die gar nicht zutreffen.

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